BUCHTIPP Von Psychopathen umgeben Hildegard Thöne & Bärbel Mechler Das Buch von Bärbel Mechler gehört zu den von uns am meisten emp- fohlenen Büchern der letzten Jahre, weshalb wir es hier zum 18 jährigen Bestehen des Delphin-Netzwerkes noch einmal vorstel- len. Es veranschaulicht sehr deutlich, was sich hinter dem Kern von schwierigen Menschen tatsächlich verbirgt. Ich selbst habe es schon einige Male gelesen und kann es mit Überzeu- gung weiterempfehlen. Menschen, welche tyrannisieren, andere her- absetzen, um sich selbst aufzuwerten, haben oftmals ein eigenes psychologisches Problem, welches in dem Buch sehr schön veranschau- licht wird. Jeder von uns kennt sie, diese Menschen, welche einem das Leben schwer machen, arro- gant wirken, um von eigenen Fehlern abzulen- ken. Ein empfehlenswertes Buch für alle diejenigen, welche solche Menschen in ihrem persönli- chen Umfeld haben. Mit der Erkenntnis dieser Schwächen wird der Umgang mit derartigen Menschen wesentlich einfacher, da der Schre- cken plötzlich an Macht verliert. Wir alle erinnern uns noch an unsere Kind- heitstage und an »das Monster« unter unserem Bett. Begegnete man »diesem Monster« jedoch mit einer Taschenlampe, so stellten wir sehr schnell fest, dass »dieses Monster« in Wirklich- keit nicht vorhanden war. Übertragen wir den Gedanken »des Monsters« aus unserer Kindheit auf die Menschen, welche uns oftmals das Le- ben schwer machen, so werden Sie mit Hilfe des Buches von Bärbel Mechler schnell erken- nen, was sich tatsächlich dahinter verbirgt und derartige schwierige Menschen durchleuchten. Das im Jahr 2014 veröffentlichte Interview können Sie auf den folgenden Seiten noch ein- mal nachlesen, da es sehr schön veranschau- licht, wie man derartigen Menschen begegnen kann, um auch diesen »Monstern« den Schre- cken zu nehmen und durch strategisches han- deln zu entlarven. 48 Hildegard Thöne: Wie begegnen Sie Men- schen, die Hilfe suchend zu Ihnen kommen, weil sie oft schon eine gefühlte Ewigkeit unter einem »Psychopathen« leiden? Bärbel Mechler: Es ist für mich immer wie- der von Neuem äußerst bewegend, Menschen zu erleben, die sehr verzweifelt sind. Es ist eine Mischung aus tiefem Mitgefühl und Verständ- nis, aber auch großem Respekt vor dem, was sie ertragen und geleistet haben. Aber ebenso weiß ich, dass sie durch die Kontaktaufnahme schon den ersten Schritt in Richtung Verände- rung getan haben und das starre System ihrer Opferrolle aufzubrechen beginnt. Wir können also sofort und konkret mit der Arbeit starten. Hildegard Thöne: Menschen, die unter schwierigen Familiensituationen, Mobbing. Mitschülern, Pädagogen und Vertretern aus anderen unterschiedlichsten Berufszweigen leiden, spüren ja schon intuitiv, dass sie etwas verändern müssen – wie schaffen Sie es, ihnen entsprechend Mut für weitere Maßnahmen zu- zusprechen? Bärbel Mechler: Nun, ich glaube, dass ein sehr wichtiger Aspekt dabei ist zu verstehen, dass wir nicht etwas verändern können, sondern nur uns selbst bzw. unsere Vorstellungen und unser Verhalten. Wenn das geschieht, reagiert zwangsläufig auch unser Umfeld entsprechend darauf. Allein der tiefe Wunsch, sich nicht mehr bereitwillig in destruktive Auseinandersetzun- gen hineinziehen und sich die Rolle des Ver- lierers oder des Sündenbocks zuweisen zu las- sen, ist eine starke Kraft, die – richtig eingesetzt – große Umbrüche bewirken kann. Niemand kann uns daran hindern, unsere Kraft zu entfal- ten, wenn wir uns dazu entschließen, und wir müssen unsere Peiniger dafür nicht um Erlaub- nis bitten. Hildegard Thöne: Welche ersten Verhaltens- maßnahmen für Ihren Klienten bzw. Ihre Kli- entin empfehlen Sie? Bärbel Mechler: Es ist immer sehr hilfreich, zunächst die eigene Selbsteinschätzung zu überprüfen und schrittweise zu korrigieren und sich gleichzeitig mit den typischen Merkmalen psychopathischer Charaktere vertraut zu ma- chen. Sobald es meinen Klienten gelingt, den Blickwinkel etwas zu verändern und die Posi- tion des Beobachters einzunehmen, wird ihnen schnell deutlich, dass sie es mit Personen zu tun haben, die sich ihr herrisches, selbstverlieb- tes Auftreten nur deshalb leisten können, weil andere, so wie sie selbst, von der eigenen Hilf- losigkeit überzeugt sind, und ihnen damit das Feld überlassen. Und es macht Mut zu sehen, dass das, was sie persönlich als Stärke gedeutet haben, in Wirklichkeit ein großer, bedauerns- werter Mangel etwa an Empathie und Mensch- lichkeit ist. Hildegard Thöne: Falls ein Betroffener über- zeugt ist, dass er es schafft, sich von »seinem« Psychopathen trennen zu können, begleiten Sie ihn dann bis zum glücklichen Ende? Bärbel Mechler: Grundsätzlich begleite ich je- den Klienten so lange, wie er es wünscht. Wer z.B. von einem psychopathischen Menschen regelmäßig unterdrückt und bevormundet wird, ist nicht selten auf vielen Ebenen desta- bilisiert und oft nicht mehr in der Lage, nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Hier macht eine längere Begleitung natürlich Sinn. Doch generell ist das Ziel, keine neuen Ab- hängigkeitsverhältnisse aufzubauen, sondern die Betroffenen zu ermutigen, dem erworbenen Wissen und der eigenen Intuition zu vertrauen. Delphin-Netzwerk – Ausgabe 02 | 2019