GANZHEITLICHE THERAPIEN Kraft durch Pferde e.V. Verein zur Förderung des therapeutischen Reitens in 82547 Eurasburg Die Idee, einen Verein zur Förderung des Therapeutischen Reitens ins Le- ben zu rufen, entstand aus der Er- kenntnis, dass durch Heilpädagogisches und Psychotherapeutisches Reiten, Hippotherapie und Reittherapie zwar sehr vielen Menschen geholfen werden kann, die Krankenkassen und andere Kostenträger diese sehr wirksamen Therapien aber zumeist nicht unterstützen. Da viele Betroffene auf Grund von fehlen- den finanziellen Mitteln diese pferdegestützten Therapien nur unzureichend oder gar nicht er- halten können, haben wir 2016 einen Verein ge- gründet, der diese Menschen unterstützen soll. Hier bieten wir heilpädagogisches Reiten, the- rapeutisches Reiten, psychotherapeutisches Reiten sowie Selbsterfahrung und Achtsam- keitstraining mit Pferden für Kinder, Jugendli- che und Erwachsene an. Warum Pferde? Seit Urzeiten begleiten die Pferde uns Men- schen, wir finden sie in vielen Mythen als Arch- etypus für Stärke, Kraft, Energie und Weisheit. Dabei stellt sich die Frage, warum sich gerade Pferde so gut als Lehrmeister für Therapie, Selbsterfahrung und Wachstum eignen und wie Pferd und Mensch miteinander kommu- nizieren. Pferde waren und sind ein wichtiger Grundstein unserer heutigen Welt. Während © Kraft durch Pferde e.V 8 wir Menschen auf diesem Weg häufig die Be- ziehung zu unserem ursprünglichen Sein verlo- ren haben, haben die Pferde sich diese erhalten. So können sie uns in der Reittherapie helfen, wieder zum Wesentlichen – also zu uns selbst – zurückzufinden. In jeder Gesellschaft wird kommuniziert, ob zwischen Menschen oder in einer Pferdeherde. Wer Pferde beobachtet, wird feststellen, dass sie nonverbal kommunizieren, mit sehr feinen Gesten, Bewegungen. Je ranghöher ein Tier ist, desto weniger muss es sich durch sein Verhal- ten beweisen. Dies ist auch bei uns Menschen nicht anders, nur lassen wir uns bei unserer Einschätzung gerne von Äußerlichkeiten blen- den. In unserer Wahrnehmung geht es häufig mehr um Schein als Sein. Auch kann durch die Beobachtung einer Pfer- deherde ein Transfer in den eigenen Alltag ge- funden werden. „Das Pferd vereinigt in seinem Wesen wie kaum ein anderes Tier Autonomie und Unab- hängigkeit ebenso wie soziale Bezogenheit und Bindung. Als Herdentier kennt es seinen Platz zwischen Führung und Unterordnung und nimmt ihn wie selbstverständlich ein. So gibt es verschiedene Begegnungs- und Beziehungsfor- men zwischen Menschen und Pferd, die jeweils sowohl dem Potenzial des Pferdes wie auch der inneren Entwicklungsstufe des Menschen entsprechen.“ (Mehlem in Psychotherapie mit dem Pferd; 2005; S.21) Pferde sehen unser wirkliches Ich, unsere Schwächen und Stärken. Entscheidend für die Reaktion des Pferdes auf uns sind unsere Kör- persprache und die nonverbalen Signale, die wir (unbewusst) aussenden. Sind wir innerlich unsicher, ohne Selbstvertrauen in unsere Ins- tinkte und Fähigkeiten, wird uns das Pferd si- cher nicht gerne folgen. Die Erklärung dafür ist einfach: In der Herde hängt für die Pferde das Überleben davon ab, wem sie vertrauen. Das Leittier führt die Herde an, es gibt dem einzelnen Pferd Sicherheit. Um uns zu ver- trauen, sich von uns beschützt zu fühlen und uns zu folgen, muss es diese Sicherheit auch bei uns Menschen fühlen. Oft sind auch wir nicht bereit, dem Pferd in seinem Verhalten uns ge- genüber zu vertrauen, weil das Pferd sich eben nicht von Äußerlichkeiten beeinflussen lässt. „Der Mensch sieht im Pferd nur zum Teil tat- sächlich das Pferd. Was er außerdem findet, ist ein Abbild seiner eigenen inneren Landschaft, eine Projektion seiner Seele. Der eine sieht im Pferd die Kraft, der Zweite die Schönheit, ein Dritter die Sanftheit… alles sind Aspekte des Pferdes und zugleich Projektionen der Kraft, der Schönheit, der Sanftheit des Betrachten- den. So begegnet der Mensch in diesem Spie- gel seinem Schatten, gemeint sind jene Anteile seiner Persönlichkeit, die er versucht hat, ins Unbewusste zu verdrängen, und die sich nun in seiner Wahrnehmung des Pferdes oder auch in der konkreten Resonanz des Tieres offen- baren.“ (Mehlem in Psychotherapie mit dem Pferd; 2005; S.22) Was jeder von uns also mit dem Pferd verbindet – ob Kraft und Stärke, Anmut, Schönheit oder Sanftheit– erlaubt Rückschlüsse auf unsere ureigenen Wünsche. Wir Menschen gehen mit den Reaktionen des Pferdes auf uns sehr unterschiedlich um. Gerne werden sie negiert oder an das Pferd zurückgegeben. Innerliche Anspannung, Un- zufriedenheit und Frust entladen sich dann ge- genüber dem Pferd. Wenn wir uns die Mühe machen, auf unseren Körper zu hören und un- seren Empfindungen nachgehen, können wir die wirklichen Ursachen für unsere Reaktion finden. Haben wir sie erkannt, können wir sie verarbeiten und damit unser Leben insgesamt zufriedener und glücklicher gestalten. In der Hektik des Alltags verlernen wir es häufig, auf uns selbst zu hören. Das Pferd kann hier hel- fen, zu sich selbst zurückzukehren. © Kraft durch Pferde e.V Delphin-Netzwerk – Ausgabe 02 | 2020